Samstag, 19. April 2014

Über eine "Preißnsau", den "Herrn Pfarrer" und Gretas Kindergarten



"Also deinen Blog mag ich ja, aber der Artikel Greta und die Religion  stellt dich in einem unmöglichen Licht dar", sagte mir meine Münchner Freundin gestern am Telefon. "Das kann wirklich kein Mensch nachvollziehen, der nicht aus Bayern kommt. Mein Mann (ein Finne, Anmerkung der Autorin) sagt, du bist verrückt, dass du dein Kind in so einem Kindergarten gehen lässt! Wie kannst du Greta da weiter hinschicken? Die haben doch einen an der Waffel!", schimpfte sie weiter.

Meine Freundin ist eine richtige Bayerin, ich nicht. Ich bin bloß "zugroast" (zugezogen), wie die Bayern sagen. Bin zwar in München geboren, aber meine Eltern sind aus Norddeutschland.  Genau genommen bin ich daher ein Preiß!

Das habe ich schon im Kindergarten erfahren. Dort wurde mir nämlich immer dann, wenn ich versuchte argumentativ zu begründen, warum ich das Spielzeug noch ein bisschen behalten wollte, gesagt, ich sei halt ein "Preißenkind" und daher dürfe ich die Schaufel sowieso nicht haben. Als ich einmal ein anderes Kind darauf hinwies, dass ich in München geboren wurde, wurde mir kurz und knapp gesagt: "A Sau die im Kuhstoil auf d`Welt kemma is, is immer no a Sau!" (Ein Schwein, das im Kuhstall geboren ist, ist immer noch ein Schwein)

Ich bin also "a Preißensau".

An meiner Herkunft liegt es daher nicht, dass ich Greta in einen sehr katholischen Kindergarten schicke.
Für besonders katholisch halte ich mich auch nicht (siehe dazu auch Greta und die Religion ).

Aber der Kindergarten ist trotz dieses ganzen Karwochenwahnsinns (Dornenkrone im Gruppenraum, Kreuzweglieder, Kreuzweggottesdienst etc.) eine sehr gute Einrichtung.

Die Erzieherinnen sind sehr lieb zu den Kindern, die Leiterin kennt jedes Kind persönlich mit dem Namen und umarmt die Kinder sehr oft. Der Kindergarten selbst ist hell und freundlich eingerichtet. Einen großen Garten haben sie auch. Mitten in der Stadt. Reich war die katholische Kirche schließlich schon immer. Viele Häuser und Grundstücke hier in der Altstadt gehören dem Klerus. Warum dann nicht auch einen Riesengarten in Toplage? Spielen schließlich Kinder da.

Natürlich gibt es einige Dinge, die mir fremd sind. Aber insgesamt überwiegen für mich die Vorteile. Vor allem aber geht Greta wahnsinnig gerne dort hin. Jeden Morgen. Am Gründonnerstag hat sie uns schon um 7 Uhr aus dem Bett geworfen, weil sie jetzt sofort in den Kindergarten muss: "Der Osterhase kommt heute", rief sie aufgeregt.

Als ich dann im Kindergarten war, erklärte mir eine Kindergärtnerin voller Freude, der Herr Pfarrer käme heute und segne die Speisen. Die Ehrfurcht, die sie vor dem Herrn Pfarrer zu haben schien, erinnerte mich an meine Oma.

Nur, dass meine Oma 1926 in einem ganz kleine Dorf  im Westerwald geboren wurde, und damit einer ganz anderen Generation angehörte. Da war der "Herr Pfarrer" eben wirklich noch irgendwie wichtig im Dorf.

"Kommt der Osterhase auch?", fragte ich schnell, voller Sorge, dass Greta enttäuscht werden könnte.
Der Pfarrer ist Greta nämlich nicht so wichtig. "Ja, ja, der Osterhase kommt auch", sagte die Kindergärtnerin. "Gut", dachte ich.

Für Greta ist es egal, ob da eine Dornenkrone aufgebahrt im Gruppenraum liegt, oder nicht. Sie weiß nicht, was das ist, und es scheint ihr noch gar nicht aufgefallen zu sein. Als ich sie danach fragte, wusste sie jedenfalls nicht, wovon ich sprach. Der Osterhase dagegen war wichtig. Auch das Osterhasenlied, das sie diese Woche geübt haben:

2 kleine Hasen tanzen auf dem Rasen
hinter dem Haus
wackeln mit dem Schwänzchen
denn beim Hasentänzchen kennen sie sich aus


Greta  sang das Lied diese Woche mit der gleichen Inbrunst wie letzte Woche das Kreuzweglied. Sie tanzte dazu mit mir in de Küche und wackelte sehr lustig mit ihrem Popo dazu.

In Gretas Gruppe gibt es Kinder aus allen möglichen Ländern, wobei der Migrantenanteil insgesamt nur so hoch ist, dass die Migrantenkinder von den einheimischen Kindern sehr gut Deutsch lernen können. Es gibt Kinder aus allen Schichten. Einige Kinder aus sogenannten Wohlstandsfamilien, viel Mittelschicht und einige Kinder, bei denen man merkt, dass die Eltern finanziell und menschlich sehr zu kämpfen haben.

Die Kinder in Gretas Gruppe gehen sehr nett miteinander um. Die Größeren schauen ein bisschen auf die Kleinen und es gibt wenig Aggression zwischen den Kindern. Das merkt man schon daran, dass Greta keine Probleme hat, mit den unmöglichsten Kleiderzusammenstellungen (zwei Schals übereinander oder einen Schneeanzug bei 20 Grad oder ein Sommerkleid im Winter mit Strumpfhose und Pulli drunter) in den Kindergarten zu gehen. Sie wird dort ganz offensichtlich nicht ausgelacht.

Auch wenn sie ihr Schnuffeltuch mitnehmen will zum Schlafen und eine Babyflasche für ihr Wasser (Greta will immer noch ein bisschen Baby sein, seit Lilli auf der Welt ist, Vgl. dazu Schwestern). Keiner ärgert sie damit. Keiner grenzt sie aus. Keiner lacht. Und als "Preißenkind" ist sie auch noch nicht beschimpft worden. Was auch immer Greta jetzt ist, mit einer "zugroasten" (zugezogenen) Preißenmama und einem österreichischen Vater?

Außerdem ist der Kindergarten direkt in der Nachbarschaft. Wir treffen die Kinder aus Gretas Kindergarten auch am Spielplatz und da wird oft gleich weitergespielt.

Ich bin sehr froh, so einen Kindergarten für Greta gefunden zu haben.

Gretas Gruppe im Kindergarten besuchen sehr unterschiedliche Kinder. Sie lernt dort, dass es nicht allen Kindern so gut geht wie ihr. Sie sieht, dass es Kinder aus anderen Ländern gibt, die nicht die gleiche Muttersprache haben wie sie selbst.
Aber es gibt nicht allzu viele Kinder, die aggressiv sind, und denen man anmerkt, das zu Hause nicht gut mit ihnen umgegangen wird. Der Umgangston ist freundlich.

Schimpfwörter bringt Greta auch nicht mit nach Hause....
 Die könnte sie auch eher von ihrer Mama lernen!
 Aber dazu mehr in anderen Blogartikel.